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Umbruch im Textilhandel

Von FashionUnited

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Der deutsche Textileinzelhandel befindet sich im Umbruch. In den Fußgängerzonen und Shopping-Centern verdrängen internationale Textilhandelsketten wie H&M oder Primark und Markenstores von s.Oliver, Tom Tailor oder Tommy Hilfiger immer mehr Boutiquen und traditionelle Fachgeschäfte.

Experten sagen ein "schleichendes Sterben" der kleinen Modehäuser voraus.

Als der irische Textil-Discounter Primark am 2. Mai eine neue Filialen in Köln eröffnete, drängelten sich die Kauflustigen vor den Türen wie einst im Sommerschlussverkauf.

Der "Aldi unter den Textilhändlern" verkauft T-Shirts ab 2,50 Euro und Jeans für 13 Euro. Und offensichtlich trifft er damit einen Nerv der Verbraucher. Doch Primark ist nicht allein. Zahlreiche ausländische Ketten bestimmen immer stärker das Bild der deutschen Innenstädte.

Die kleinen, inhabergeführten Fachgeschäfte zahlen den Preis

Allen voran die Schweden von H&M. Mit wöchentlich wechselnden Angeboten für ein junges Publikum und niedrigen Preisen veränderten die Schweden die Spielregeln im den deutschen Einkaufsstraßen. Heute ist das Unternehmen der zweitgrößte Textileinzelhändler der Bundesrepublik. Nicht viel weniger erfolgreich ist die spanische Inditex-Gruppe mit Marken wie Zara, Massimmo Dutti oder Pull & Bear. Auch die US-Ketten Abercrombie und Hollister sorgten mit langen Schlangen Kauflustiger vor den Eingängen für Aufsehen. Und selbst die japanische Unternehmensgruppe Fast Retailing ist mit ihren Ketten Comptoir des Cotonniers und Uniqlo inzwischen auf dem deutschen Markt präsent, der mit Umsätzen von 60 Milliarden Euro im Jahr lockt.

Den Preis für die Erfolge der internationalen Konzerne zahlen vor allem die keinen, inhabergeführten Fachgeschäfte und Boutiquen. „Im Textilhandel gibt es schon lange kein Wachstum mehr. Es herrscht ein harter Verdrängungswettbewerb. Jedes Stück, dass bei neuen Anbietern wie Primark oder Abercrombie gekauft wird, geht dem anderen Handel verloren", betont Joachim Stumpf, Geschäftsführer der Handelsberatung BBE.

Strukturen wie im Lebensmittelhandel

Er sieht schwarz für viele traditionelle Geschäfte. „Es ist ein schleichendes Sterben. Aber in den nächsten Jahren wird sich ihre Zahl noch einmal halbieren", prognostiziert der Branchenkenner. Mit einem dramatischen Konzentrationsprozess rechnet auch der Handelsexperte Andreas Kreutzer von der Unternehmensberatung Kreutzer Fischer & Partner. „Ich bin überzeugt, dass wir in 20 Jahren im deutschen Bekleidungshandel ähnliche Strukturen haben wie heute schon im Lebensmittelhandel", sagt er. Dort beherrschen inzwischen vier Unternehmen 85 Prozent des Marktes.

Tatsächlich ist die Zahl der kleinen Modehäuser und Boutiquen seit dem Jahr 2000 nach Angaben des Bundesverbandes des Deutschen Textilhandels schon von mehr als 35 000 auf nur noch 20 000 gesunken. „Das Geschäftsmodell des Modefachhandels - verkaufen, was jemand anders produziert hat - funktioniert nicht mehr. Ein Unternehmen wie H&M, das die Wertschöpfungskette komplett kontrolliert, ist nicht nur flexibler, sondern auch noch preiswerter als klassische Boutiquen und Modegeschäfte", erklärt Handelsexperte Thomas Roeb von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg die Entwicklung.

Verbraucher profitieren

Doch sind es nicht nur die internationalen Ketten, die den kleinen Modehäusern Probleme bereiten. Konkurrenz machen den Fachhändlern inzwischen auch die Markenhersteller, deren Kleider und Mäntel sie selber in den Schaufenstern stehen haben. Egal ob Boss oder Esprit, Gerry Weber oder Marc Cain - fast jede bekannte Marke bietet inzwischen ihre Produkte auch in eigenen Geschäften an - oft nur wenige Schritte vom Fachhändler entfernt. Und auch Online-Händler wie Otto und Zalando bauen ihre Marktanteile stetig aus.

Der Strukturwandel ist für viele kleine Anbieter bitter. Doch für die Konsumenten hat er auch Vorteile. „Die Verbraucher haben von den Veränderungen profitiert. Über viele Jahre sind die Durchschnittspreise für Bekleidung gesunken", sagt der Handelsexperte Andreas Bauer von der Unternehmensberatung Roland Berger. Allerdings seien die Einkaufsstraßen auch weniger abwechslungsreich geworden. (dpa)

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